Entstehung der Gedenkstätte
Nach der Flugtagkatastrophe gründete sich 1989 auf Initiative von Sybille und Dr. Hartmut Jatzko und Heiner Seidlitz eine Nachsorgegruppe. Dieser setzte sieben Jahre nach dem Unglück die Errichtung des Gedenksteines durch. Zwar wurde kurz nach der Katastrophe ein Gedenkstein auf der Air-Base Ramstein gesetzt, doch auf diesem wurden nicht die Namen der Opfer niedergeschrieben und er war wegen seiner Lage auf Militärgelände nicht frei zugänglich. Der „neue“ Gedenkstein konnte außerhalb der Air Base auf einem Grundstück errichtet werden, das zuvor von einem Hinterbliebenen gekauft worden war. 1995 wurde dieser Gedenkstein schließlich eingeweiht. Seitdem kommen jedes Jahr am Tag der Katastrophe Opfer und Hinterbliebene des Unglücks an der Gedenkstätte zusammen. In Italien wird mit einem Gedenkstein im Themenpark des Luftfahrtmuseums von Rimini der Opfer gedacht, in welchem Reste der abgestürzten Maschinen ausgestellt sind.
Wie wichtig diese Gedenkstätte für Opfer und Hinterbliebene ist, belegt folgendes Zitat eines Betroffenen:
„Ramstein kann ich nicht vergessen. Aber ich lernte damit zu leben. Wenn jemand sagt, „es sind nun doch schon so viele Jahre vergangen, warum immer noch drüber reden müssen? Warum immer noch daran denken?“ Dann sage ich, dass auch nach so vielen Jahren meine Lieben nicht wieder lebendig werden und das mir auch nach so vielen Jahren immer noch keine gesunde Haut nachgewachsen ist.“ (Roland Fuchs)
(zit.: Docu Center Ramstein (Hg.): 28.08.88 – 28.08.08, Der 20. Jahrestag einer Katastrophe, Publikation zur Ausstellung 2008, Reprint 2011, Ramstein-Miesenbach, S. 3)
Geschichte der Flugtage in Ramstein
Die Flugtage auf der Air Base Ramstein hatten eine lange Tradition. Bereits Mitte der 1950er Jahre gab es auf allen US-Einrichtungen in Rheinland-Pfalz „Tage der Offenen Tür“ – so auch auf dem US-Flugplatz Ramstein. In den Folgejahren entwickelte sich vor allem der jährlich stattfindende Flugtag in Ramstein zu einem Besuchermagnet. Die Gäste kamen nicht nur aus dem gesamten südwestdeutschen Raum, sondern auch aus dem benachbarten europäischen Ausland. Es wurde Militärgerät am Boden ausgestellt. Es gab Flugvorführungen und verschiedene „typisch amerikanische“ Ess- und Trinkangebote vom Speiseeis bis hin zu Barbecue. Vor allem in den 1980er Jahren geriet die Veranstaltung in die Kritik der Friedensbewegung. Auch 1988 kam es zu Diskussionen zwischen Befürwortern und Gegnern des Flugtages. Die Proteste wurden von der Landesregierung zwar zur Kenntnis genommen, aber die Flugtage wurden weiterhin durchgeführt.
Wie kam es zu dem Unglück?
Der Flugtag am Sonntag, dem 28. August 1988, wurde von etwa 350.000 Menschen besucht. Gegen Ende der Veranstaltung kam es bei der Flugfigur „Das Durchstoßendes Herz“ der italienischen Flugstaffel Frecce Tricolori (italienisch für „Dreifarbige Pfeile“) zu einer Kollision dreier Flugzeuge. Dabei raste die Maschine des Solopiloten auf die Menschenmenge zu und zerschellte knapp 50 Meter vor der Absperrung des Zuschauerbereiches. Durch herumfliegende und brennende Wrackteile wurden 31 Personen inklusive der drei Piloten auf der Stelle getötet und mehr als 1.000 Menschen verletzt. In den nachfolgenden Monaten erlagen weitere Menschen ihren schweren Verletzungen und die Zahl der Todesopfer stieg auf insgesamt 70 an.
Ein Feuerwehrmann wurde Augenzeuge des Unglücks und berichtete folgendes:
„…Ich sah, wie das Wrackteil sich überschlug, über die Straße Richtung Tower und in die Zuschauer raste und dann in ein Kühlaggregat…Das abgestürzte Flugzeug zog eine etwa 150 Meter lange Feuerwalze hinter sich her. Viele Zuschauer, die vorne standen, kamen in dem Feuer sofort ums Leben und waren total verbrannt. Mir schien es, als wäre ich in einem Traum. Um von meinem Standort bis zur Stelle zu gelangen, wo der Rest des Flugzeuges oder der Rumpf liegen blieb, kam mir die Zeit unendlich lang vor, da nicht nur Verletzte auf der Straße lagen, sondern auch Tote und es war nicht möglich denen oder den Wrackteilen auszuweichen, da ja alles übersäht war mit Trümmern…“
(zit.: Docu Center Ramstein (Hg.): 28.08.88 – 28.08.08, Der 20. Jahrestag einer Katastrophe, Publikation zur Ausstellung 2008, Reprint 2011, Ramstein-Miesenbach, S. 32)
Konsequenzen
Kunstflugvorführungen wurden einen Tag nach der Katastrophe in Deutschland verboten. 1991 wurden Kunstflugvorführungen unter strengen Auflagen wieder erlaubt. Die Katastrophe markierte auch das Ende der Flugtage auf der Air Base Ramstein.
Eine weitere Konsequenz aus der Katastrophe war, dass der Katastrophenschutz in Deutschland neu organisiert wurde. Grund war der in Kritik geratene Rettungsablauf mit schwerwiegenden Pannen am Tag der Katastrophe. Rettungsmaßnahmen setzten zwar rasch ein, verliefen aber wegen des Fehlens eines „Leitenden Notarztes“ unkoordiniert. Erschwerend kamen die unterschiedlichen Rettungskonzepte des amerikanischen und des deutschen Sanitätsdienstes hinzu, die einen kontrollierten Rettungsablauf verhinderten.
Eine weitere wichtige Konsequenz aus dem Unglück war, dass in Folge die direkte Betreuung der Opfer durch Notfallseelsorger und Psychologen etabliert wurde.
Trotz Untersuchungen und Ausschüssen wurde die Verantwortung für die Katastrophe nicht eindeutig geklärt. Ersatzzahlungen in Millionenhöhe wurden aus einem Sonderfond getätigt, in den die USA, Italien und der Bund einzahlten. Diese beschränkten sich aber generell auf medizinische Heilungskosten der Schwerstverletzten und die zugefügten physischen Schmerzen. Finanzielle Entschädigungen für Opfer und Angehörige wurden in Einzelfällen nach gerichtlicher Auseinandersetzung gewährt. Eine Sammelklage von Opfern und Hinterbliebenen auf Entschädigung im Jahr 2003 wurde vom Koblenzer Landgericht abgelehnt.
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Der Gedenkstein ist an der Landstraße 363 zwischen Ramstein und Landstuhl im angrenzenden Wald gelegen. Von einem großen Parkplatz aus kann der Gedenkstein in wenigen Metern über einen Schotterweg erreicht werden. Ein hölzernes Hinweisschild direkt am Parkplatz weist den Weg zur Gedenkstätte. Der Gedenkstein ist das ganze Jahr frei zugänglich, allerdings ist der Weg nicht barrierefrei. Am Gedenkstein stehen zwei Sitzbänke, die zum Verweilen vor Ort einladen.
Im nahen Docu Center Ramstein ist ein kompletter Ausstellungs-Container der Flugtagkatastrophe gewidmet. Dort sind neben Fotos und Zeitzeugenerinnerungen weitere Hintergrundinformationen zu finden.
(Dipl. Geogr. Michael Geib, DCR, Sonja Kasprick und Andrea Melzer, ZukunftsRegion Westpfalz, 2018)