Geschichte
Der aus Homburg stammende Färbersohn Jakob Süßdorf mietete im Jahr 1878 eine Mühle auf der Oberschernau in Ramstein und übernahm die kleine Buntweberei des Textilfabrikanten Köhler. Die neuerbaute Bahnlinie bewog ihn jedoch im Jahr 1887 dazu ein größeres Gelände in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof zu kaufen. Auf diesem ließ er in mehreren Bauabschnitten eine Weberei und Färberei errichten, die er 1908 noch um eine Spinnerei erweiterte. Mit diesem Bau durch Süßdorf war der Grundstein für die gleichnamigen Textilbetriebe gelegt. Sein Unternehmen ging später an seinen Sohn August Eugen Süßdorf (1891- 1959) über, der das Unternehmen dann mit seinem Schwager Karl Groß leitete. Unter dem Namen „August Süßdorf & Cie“ firmierten die Baumwollspinnerei, Weberei, Färberei und Kämmerei, deren „Rabenmarke“-Hemden zum Verkaufsschlager wurden. Die Fabrik bot vielen Menschen aus Ramstein und Umgebung einen Arbeitsplatz, in der vor allem auch Frauen beschäftigt waren, die somit auch ihren Teil zum Lebensunterhalt der Familien beitragen konnten. In den Hochzeiten des Unternehmens arbeiteten rund 300 Menschen in der Fabrik, die jährlich drei Millionen Wäschestücke produzierten.
Der jüngere Bruder von August Süßdorf, Ernst Süßdorf, der etwa anderthalb Jahrzehnte erst bei seinem Bruder beschäftigt war, gründete im Jahr 1906 auf den Hinterwiesen seinen eigenen Betrieb. In der Ernst-Süßdorf-GmbH wurden Garne gesponnen und zu Decken und Bettwäsche verarbeitet. Im Jahr 1921 wurde die Fabrik durch den Ankauf der ehemaligen Zündholzfabrik an der Kindsbacher Straße erweitert. Das zweite Süßdorf’sche Unternehmen bestand bis ins Jahr 1965 und hatte seinen Sitz in der Kindsbacher Straße und in der Flurstraße. Zeitweise waren Süßdorf & Cie. und Ernst Süßdorf Arbeitgeber für mehr als 500 Menschen. Zusätzlich zu diesen Firmen etablierte sich im Jahr 1922 noch die Kleiderfabrik Franz Westrich. Durch diese drei großen Betriebe wandelte sich das Dorf Ramstein vom reinen Bauerndorf zur Arbeitergemeinde. Dafür waren die Landwirtschaft und der Tagelohn im Moor bei der Torfgewinnung die wesentlichen Einnahmequellen für die Ramsteiner Bevölkerung.
Jedoch ging der Absatz der Fabriken auf Grund der internationalen Konkurrenz zurück und die Firma Süßdorf & Cie., die einst den Grundstein für die Ramsteiner Textilindustrie gelegt hatte, musste im Mai 1975 schließen. Mit der Übernahme der Süßdorf’schen Fabrik durch die Firma Gebr. Gross schien zunächst der Fortbestand der Werke gewährleistet zu sein, jedoch entschied sich die Betriebsleitung im Jahr 1981 zur Stilllegung der Produktion. August Süßdorf hat den Niedergang der Industrie jedoch nicht mehr erlebt, er starb im Jahr 1959. Sein Wohnhaus steht noch heute in Ramstein, die Fabrikgebäude sind jedoch 1982/83 abgerissen worden. Heute befindet sich an der Stelle der ehemaligen Fabriken der Edeka-Supermarkt im Stadtkern von Ramstein. Im Jahr 2017 erinnerte das Museum im Westrich mit einer Ausstellung an die örtlich ansässige Textilindustrie.
Objektbeschreibung & Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Von den Süßdorf’sche Unternehmen in Ramstein ist heute nicht mehr viel erhalten. Die Fabrik von Ernst Süßdorf in der Flurstraße in Ramstein besteht heute noch und befindet sich in Privatbesitz. Die Firmengebäude von „August Süßdorf & Cie“ fielen in den 1980er Jahren der Abrissbirne zum Opfer und wichen einem Supermarkt, dem heutigen Edeka-Center. Die Straße entlang des Supermarktes wurde dem Textilfabrikanten gewidmet und heißt somit „August-Süßdorf-Straße“. Das ehemalige Wohnhaus von August Süßdorf ist jedoch noch erhalten und befindet sich neben dem heutigen Edeka-Center.