Geschichte
Der ehemalige Westwall war eine Angriffs- und Verteidigungslinie des nationalsozialistischen Unrechtsregimes mit tausenden Bunkern, Panzersperren und -gräben und ist heute die größte bauliche Hinterlassenschaft der NS-Diktatur in Rheinland-Pfalz. Der Westwall war aber nicht nur als Grenzbefestigung gedacht, sondern ab 1938 diente er vor allem Propagandazwecken im In- und Ausland. Er sollte von den eigentlichen militärischen Zwecken der NS-Regierung ablenken und zur Abschreckung nach Westen dienen, um letztlich dem übergeordneten Ziel, der Eroberungs- und Vernichtungskrieg im Osten, nützen. Die Tarnung der Bauten war dabei ein zentraler Aspekt beim Bau, vor allem die Tarnung mit natürlichen Mittlen oder die Tarnung im Grün.
Im Jahr 1936 wurde auf Adolf Hitlers (1889- 1945) Befehl mit dem Bau des Westwalls begonnen, der unter anderem auch durch die Westpfalz verläuft. Dieser sollte das Dritte Reich vor Angriffen aus dem Westen schützen. Paradoxerweise diente die Marginotlinie, die französische Wallanlage, als Vorbild für die deutsche Anlage. Das NS-Regime versuchte lediglich, die Schwächen des Vorbilds zu analysieren, um diese für die eigene Anlage zu beseitigen.
Die Generalvollmacht zum Bau des Westwalls wurde von Hitler an Fritz Todt (1891- 1942/Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen), am 01.06.1938 übertragen. Die Wehrmacht hatte zwar noch die Oberaufsicht über den Bau, jedoch war die Organisation Todt für die Umsetzung des Baus zuständig. Der Name „Westwall“ erschien erstmals am 19.11.1938 in der Zeitung NSZ-Rheinfront. Höchstwahrscheinlich verliehen die Arbeiter, die den Wall errichteten, der Anlage diese Namen. Die Arbeiter stammten aus Privatunternehmen, waren Reichsdienstarbeiter oder waren KZ-Häftlinge. Zeitweise wurden für den Bau bis zu einer halben Millionen Arbeitskräfte zwangsrekrutiert. Wer sich den Arbeiten nicht fügte wurde durch die SS terrorisiert. Er war außerdem ein riesiges Förderprogramm, dessen Kosten fast zum Bankrott des „Dritten Reiches“ geführt hätten. Insgesamt waren ca. 500.000 Arbeiter am Bau des Westwalls beteiligt und seit Mai 1938 ungefähr 3,5 Milliarden Reichsmark in den Bau investiert.
Für die Errichtung des Westwalls musste die ortsansässige Bevölkerung Land in großem Umfang bereitstellen. Der Bau war daher in die nationalsozialistische Politik zur Neuordnung des ländlichen Raums eingebunden. Der Westwall gilt als einer der ersten Erprobungsräume für eine umfassende Siedlungspolitik des NS-Regimes, die der ortsansässigen Bevölkerung viel Leid zufügte.
Während des Krieges hinderte der Wall den Vormarsch der alliierten Truppen. Er war insofern erfolgreich, dass an der Westgrenze Deutschlands aus dem Bewegungskrieg ein Stellungskrieg wurde. Die Truppen der Grenzwacht waren die ersten, die 1939 mit den wehrpflichtigen Männern am Wall stationiert wurden. Sie lernten den Umgang mit Handgranaten, Karabinern und Maschinengewehren.
Erst im September 1944 gelang den Amerikanern bei Aachen und im Februar 1945 im Saarland der Durchbruch. Im März 1945 mussten die deutschen Truppen ihre Stellung wegen der Übermacht der Alliierten räumen.
Nach dem Krieg wurden der größte Teil der Bunkeranlagen entweder gesprengt oder zugeschüttet, da sich die Überreste oft auf Äckern oder Weinfeldern befanden. Dort, wo der Westwall in direkter Umgebung von Städten war, mussten die Überreste entfernt werden. In landschaftlichen Abschnitten, in denen die diese nicht störten (vor allem im Staats- oder Gemeindeforst), wurden sie nicht entfernt. In Rheinland-Pfalz wurden rund 9.000 Anlagen des Westwalls gesprengt, jedoch sollen noch rund 20 Bunker erhalten geblieben sein.
Die Relikte des Westwalls in Rheinland-Pfalz verlaufen entlang der westlichen Landesgrenze. Sie sind heute teilweise in Wäldern und Gebüschen verborgen. Höckerlinien und Panzergräben sind aber an vielen Stellen deutlich sichtbar.
Objektbeschreibung
Im Jahre 1940 hatte der Westwall eine Gesamtlänge von 630 Kilometer und reichte von der Stadt Kleve über Aachen, Trier, Saarbrücken, den Pfälzerwald weiter nach Karlsruhe und sogar Basel. Etwa 17.000 betonierte Kampfstände sicherten den Westwall – insbesondere im Gebiet zwischen Mosel und Rhein, da dort ein Angriff französischer Truppen am Ehesten erwartet wurde.
Der Westwall bestand aus Bunkern, Schartentürmen, Panzersperren, Gräben und dazwischen befanden sich Drahtverhaue und Stacheldraht. Die Panzerwerke hatten Außenwände mit einem Durchmesser von zwei Metern.
Neben den Kampf- und Wehranlagen gab es für die Mannschaft noch insgesamt weitere Räumlichkeiten. Hierzu zählen beispielsweise die Wachräume, die Toiletten- und Waschräume, der Bevorratungsraum oder eine Küche. Für ein Heizungs-, Beleuchtungssystem und Wasserpumpsystem gab es eine extra Kraftstation, in der der benötigte Strom erzeugt werden konnte. Meistens kam der Strom aber aus dem örtlichen Stromnetz.
Des Weiteren gab es Festungsflammenwerfer, Maschinengranatwerfer und Sechs-Scharten-Panzertürme, die den Zweck der Rundumverteidigung erfüllten. Ein Artillerie- und ein Infanteriebeobachtungsturm wurden für die Rundumbeobachtung und die Leitung des Feuers eingesetzt.
Zusätzlich war der Westwall auch eine „Luftverteidigungszone“, sie erreichte eine Breite von 70 Kilometer und verlief parallel im Nord-Südverlauf zum Westwall. Sie beinhaltete verschiedene Luftabwehrtechniken wie Luftschutztürme, Rollbahnen und Flugabwehrgeschütze.
In der Pfalz befanden sich knapp 220 Kilometer des Westwalls mit circa 7.300 Bunkeranlagen. Nach heutigen Kenntnissen befinden sich Anlagen des Westwalls noch heute in den Westpfälzer Landkreisen Kaiserslautern, Kusel, Südwestpfalz sowie in den Städten Pirmasens und Zweibrücken. Alle baulichen Überreste stehen unter allgemeinem Denkmalschutz.
Im Pirmasenser Ortsteils Niedersimten befindet sich ein Westwall Museum, welches in der unterirdischen ehemaligen Festungswerk Gerstfeldhöhe eingerichtet ist. Es zeigt in einem Rundgang durch den Stollen Exponate des Kriegs.
In Waldmohr, beim Eichelscheiderhof, ist zudem ein ehemaliger Panzergraben (Westwallanlage) zu sehen, der heute wieder ein interessanter renaturierter Abschnitt des Glans ist.
Naturschutz am Westwall in der Zeit des Nationalsozialismus
Eine maßgebliche Rolle beim Bau des Westwalls spielten die sogenannten „Landschaftsanwälte“, die für die „Organisation Todt“ arbeiteten. Diese waren freischaffende Grünflächenplaner und Landschaftsarchitekten, die die Belange des Naturschutzes vertraten. Ihre Aufgabe war, die Anlagen in die Landschaft so „einzufügen“, bis sie unsichtbar waren. Die Tarnungsmaßnahmen betrafen nicht nur das Bauwerk selbst, sondern sie griffen weit in die Landschaft aus. Die „Landschaftsanwälte“ arbeiteten damals schon nach den Naturschutz Instrumenten, die uns heute als Landschaftsplanung, Eingriffsregelung sowie Biotoppflege und -entwicklung bekannt sind. Die Kriterien, nach denen die Landschaftsanwälte die Planung ausrichteten, folgten der nationalsozialistischen Blut und Boden-Ideologie.
Naturschutz, Pflege und Erhaltung am ehemaligen Westwall heute
Die noch heute übrig gebliebenen Wallanlagen und insbesondere der ehemalige Panzergürtel stellen einen wichtigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere dar und haben sich zu naturnahen Lebensräumen entwickelt. Sie sind auf Grund ihrer Anordnung aus Sicht des Naturschutzes von besonderem Wert als Rückzugsgebiet gefährdeter Arten und für ein Biotopverbundsystem. Der Westwall zeichnet sich durch drei Merkmale als ein besonderes Biotop aus. Die Flächen wurden …
- …nicht künstlich gedüngt
- …kaum betreten oder befahren
- …nicht künstlich bepflanzt und konnten sich so 60 Jahre lang natürlich entwickeln.
Unter den geschützten Arten hat besonders die Wildkatze eine hohe Bedeutung, die zwischen Wallanlagen im Pfälzerwald und Bienwald lebt. Das Bundesland Rheinland-Pfalz hat beim Schutz dieser Art eine hohe nationale und internationale Verantwortung. Neben der Wildkatze ist auch der Rotfuchs, der Dachs, der Gartenschläfer, der Siebenschläfer, sowie diverse Fledermausarten in den Wallanlagen beheimatet. Unter den Pflanzen haben besonders Moose eine hohe Bedeutung beim Artenschutz. Viele der 72 Moosarten stehen auf der Liste der bundes- und landesweit gefährdeten Arten.
In Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland stellt der Wall ein Kulturdenkmal dar. In Nordrhein-Westfalen ist er als Bodendenkmal gelistet.
Das Land Rheinland-Pfalz hat zum 1. Oktober 2014 gemäß einer mit dem Bund abgeschlossenen Vereinbarung das Eigentum an den hier noch vorhandenen Anlagen des ehemaligen Westwalls übernommen. Eine eigens gegründete Landesstiftung „Grüner Wall im Westen – Mahnmal ehemaliger Westwall“ sichert die Relikte natur- und denkmalschutzverträglich.