Evangelische Stadtkirche in Kusel

Alternative Bezeichnungen: Remigiuskirche

Die evangelische Stadtkirche auf dem Kuseler Marktplatz gehört zu den größten evangelischen Kirchen des Klassizismus in der Pfalz. Sie wurde zwischen 1829 und 1831 unter dem Architekten Beyschlag errichtet. Anlass für den Kirchenbau war die Pfälzische Kirchenunion, dem Zusammenschluss der lutherischen und reformierten Kirchen im Jahr 1818.

Geschichte

Bereits im 10. Jahrhundert befand sich eine erste Kirche an der Stelle der heutigen evangelischen Stadtkirche am Kuseler Marktplatz. Sie wurde im Jahr 902 vom Erzbischof Heriveus von Reims und dem Erzbischof Hatto I. aus Mainz als Remigiuskirche geweiht. Im 11. Jahrhundert gründete der Erzbischof von Reims auf dem Remigiusberg bei Haschbach ein Kloster, woraufhin die in der Remigiuskirche in Kusel ansässigen Mönche in dieses umzogen. Durch den Umzug verlor die Kirche in Kusel an Bedeutung.

Zur Zeit der Reformation (1517-1648) nahm Herzog Ludwig II. von Zweibrücken als einer der ersten deutschen Fürsten den reformierten Glauben an. Im Jahr 1529 wurde für das gesamte Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, wozu auch Kusel gehörte, die neue und reformierte Kirchenordnung eingeführt, womit ab 1530 ein Verbot des katholischen Glaubens einherging.

Im 17. Jahrhundert wurde die Region während des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688-1697) durch französische Truppen besetzt. Die Besetzung hatte zur Folge, dass das Verbot des katholischen Glaubens aufgelockert wurde und sich somit ab 1685 in Kusel wieder eine katholische Gemeinde bilden konnte. Neben der reformierten und lutherischen, wurde nun auch wieder die katholische Konfession ausgelebt. Da allerdings nur eine und keine drei Kirchen in Kusel vorhanden waren, wurde ab 1700 das Simultaneum eingeführt. Dieses gestattete es allen drei Konfessionen, die Remigiuskirche zu nutzen. Anfang des 18. Jahrhunderts war das Gebäude vermutlich sehr baufällig, weshalb es 1712 abgerissen wurde und ein Jahr darauf mit dem Bau einer neuen Kirche an gleicher Stelle begonnen wurde. Aufgrund der simultanen Nutzung, kam es zwischen den Konfessionen zu erheblichen Auseinandersetzungen. Streitigkeiten zwischen lutherischen und reformierten Gläubigen hatten zur Folge, dass die Kuseler Lutheraner ab 1740 in einen städtischen Lagerraum an der südlichen Stadtmauer auf dem Bangert umzogen. Nur sechs Jahre später ließ Herzog Christian IV. dort eine lutherische Kirche errichten.

Die Koalitionskriege (1792-1815) in Folge der Französischen Revolution (1789) führten auch in Kusel zu großer Zerstörung. Am 26. Juli 1794 stand fast die gesamte Stadt in Flammen. Die Simultankirche im Herzen der Stadt und die lutherische Kirche auf dem Bangert wurden dabei beide zerstört. Lediglich die Friedhofskapelle am Weibergraben überlebte und wurde daraufhin in den nächsten Jahren von allen drei Konfessionen genutzt. Zwischen 1805 und 1806 schlossen sich die Lutheraner und Reformierten wieder zusammen und bauten gemeinsam die lutherische Kirchenruine auf dem Bangert wieder auf. Die Katholiken nutzten von nun an die Friedhofskapelle alleinig.

1818 kam es zur Pfälzischen Kirchenunion, bei der sich die Lutheraner und Reformierten zu einer gemeinsamen Konfession vereinten. Infolgedessen wurde ab 1829 unter dem Architekten Beyschlag aus Kaiserslautern am Kuseler Marktplatz gemeinsam die evangelische Stadtkirche errichtet. Sie befindet sich noch heute an der Stelle der früheren Remigiuskirche und dem Nachfolgebau aus dem 18. Jahrhundert, welcher in der Französischen Revolution den Flammen zum Opfer fiel. Das klassizistische Bauwerk konnte 1831 eingeweiht werden. Der Bau konnte durch den Verkauf der ehemals lutherischen Kirche am Bangert an die Katholiken, durch Unterstützung des bayerischen Staates und durch Kollekten im ganzen bayerischen Königreich finanziert werden.

Während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) wurden, bis auf die kleinste Turmglocke der Stadtkirche, alle anderen Glocken für Rüstungszwecke eingeschmolzen. In den 1950er Jahren wurden zur erhalten gebliebenen Glocke drei neue Glocken aufgehängt. Ihr Klang ist auf die drei Glocken der katholischen Pfarrkirche Sankt Ägidius abgestimmt.

Das Objekt „Protestantische Pfarrkirche“ in Kusel ist ein ausgewiesenes Kulturdenkmal.

Baubeschreibung

Die evangelische Stadtkirche wurde im Stil des bayerischen Klassizismus erbaut und gilt in der Region als eines der größten und anspruchsvollsten klassizistischen Kirchengebäude. Es überzeugt mit seiner Schlichtheit, welche allerdings durch die klare Gliederung des Gebäudes und der ästhetischen Außenfassade aus Sandsteinquadern eine Feierlichkeit und Erhabenheit versprüht. Der Kuseler Bezirksbauschaffner Johann Schmeisser ergänzte 1861 den neugotisch beeinflussten, spitzen Turmhelm. Die Kirche mit ihrem hohen Turm fügt sich harmonisch in das Stadtbild ein.

In den 1970er Jahren erfolgte eine umfassende Renovierung des Innenraums und der Außenfassade. Unter den Sandsteinplatten wurde eine moderne Fußbodenheizung eingebaut. Im Rahmen der Innenrenovierung im Jahr 2015 wurde ein „Fenster der Geschichte“, das die verschiedenen historischen Anstriche zeigt, freigelegt.

Innenraum: Die Kirchenhalle besteht aus einem Mittelschiff und zwei Seitenschiffen und ist betont schlicht gehalten. Auffallend ist, dass der Sakralbau über keinen Chorraum verfügt. Sandsteinsäulen tragen die umlaufende Empore. Ihre strenge, dorisch geprägte Anordnung schafft klare Linien. Im Gegensatz zu der schlichten und strengen Anordnung der Säulen stellen die bunten Bildfenster (Bogenfenster) einen Stilbruch dar. Die vier Fenster an der Nordseite wurden 1913 im Auftrag von Kuseler Familien von der Mannheimer Glasmalerei Johannes Kriebitzsch gestaltet. Es werden Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt. In der gleichen Werkstatt wurden die beiden Fenster an der Ostseite gefertigt. Sie zeigen Brustbilder der Reformatoren Martin Luther, Philipp Melanchthon, Johannes Calvin und Ulrich Zwingli.

Altar, Kanzel und Orgel befinden sich an der westlichen Stirnseite. Sie sind streng symmetrisch angeordnet und bilden eine optische Einheit. Die Kanzel ruht auf einem Kapitell mit Muscheldekor über einer dorischen Säule.

Die hölzerne Kassettendecke, die vor allem auch der Raumakustik nützt, wurde 1867 im Rahmen einer Dacherneuerung eingebaut. Seit der Innenrenovierung im Jahr 2015 sind die Kassettenelemente goldfarben umrandet. Ein harmonisches Farbkonzept rundet die Gestaltung des Innenraums ab: Die Wände sind in einem hellen grau gehalten, die Fenstergewände in einem taubenblau, Säulen und Kanzel in einem Sandton und die Holztüren sind dunkelblau gestrichen. Entlang der Empore verlaufen dunkelrote Streifen.

Im Kirchenschiff finden 260 Personen auf schlichten blauen Einzelstühlen Platz; auf den Emporen befinden sich 350 Bankplätze.

Orgel: Die Orgel befindet sich auf der Empore über der Kanzel und wurde von den Gebrüdern Stumm (Rhaunen-Sulzbach) im Jahr 1848 erbaut. 1960 wurde durch die Orgelbaufirma Gebrüder Oberlinger (Windesheim) eine klangliche Umgestaltung durchgeführt und ein neuer dreimanualiger Spieltisch mit elektrischer Traktur und über 30 klingenden Registern installiert. Somit kann auch künstlerisch anspruchsvolle Literatur angemessen musiziert werden. Im Rahmen einer Renovierung im Jahr 1996 wurde die Orgel wieder an ihren ursprünglichen Klang von 1848 angenähert.

Räumliche Lage und Erreichbarkeit

Die Evangelische Stadtkirche befindet sich am Marktplatz inmitten der Kuseler Altstadt. Kusel ist über die Autobahn 62 und die Bundesstraße 420 erreichbar. Parkplätze sind vorhanden. Ebenso mit dem Zug ist Kusel gut erreichbar; der Bahnhof befindet sich in circa 900 Metern Entfernung.

Literaturverzeichnis

  • Engel, Stefan (o.J.). Über die Baugeschichte Kusels seit dem letzten Brand 1794, Westricher Heimatblätter 1983 o.O.
  • Reetz, Hans (o.J.). Die klassizistische Kirche. In: D. Turmhahn. 13, 1969, 1/2. S. 16-20. Kusel.
  • Schworm, Ernst (1987). Kusel. Geschichte der Stadt. Stadt Kusel. S. 341-345 Kusel.
  • Pfarrei Sankt Ägidius (1989). 1831-1981. 150 Jahre evangelische Stadtkirche Kusel. Festschrift zum Kirchenjubiläum am Sonntag, 23. August 1981. Kusel.
  • Schüler-Beigang, Christian (1999). Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Kreis Kusel. Hrsg. im Auftrag des Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frauen vom Landesamt für Denkmalpflege. Band 16. Wienerische Verlagsgesellschaft. Worms.
  • Stirnemann, Johannes; Hemmerling, Alois; Dick, Rainer; Gorgon, Kornelia; Lißmann, Otto; Straßer, Alois (1989). St. Ägidius – Kusel. Hrsg. von der Katholischen Kirchengemeinde St. Ägidius Kusel.

Quellenangaben

Artikel-Historie

Lage:
Koordinaten:

49° 32“ 14′ N, 7° 24“ 1′ O

Datierung:
1831

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