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Protestantische Hof- und Stadtkirche St. Paul in Kirchheimbolanden

Alternative Bezeichnungen: Schlosskirche, Paulskirche

Die Kirche St. Paul in Kirchheimbolanden wurde im 18. Jahrhundert, zeitgleich mit dem Barockschloss, als fürstliche Hof- sowie als Stadtkirche für die Bevölkerung errichtet. Von außen erscheint sie relativ unscheinbar, war aber dennoch nach dem Schloss das zweitwichtigste Residenzgebäude.

Geschichte

Architekt der St. Paul Kirche war Julius Ludwig Rothweil, der zwischen 1739 und 1744 im Auftrag von Fürst Karl August von Nassau-Weilburg die neue Schlosskirche plante und errichten ließ. Bereits ein Jahr nach der Einweihung wurde 1745 eine der breiten Wendeltreppen, die einst zur Fürstenloge hinaufführte, herausgebrochen. Man wechselte sie für eine bequemere und gerade Treppe ein. Noch heute sind allerdings die Mauerrundungen, die für die ehemals runde Wendetreppe gebaut wurden, erkennbar.

Es ist besonders erwähnenswert, dass Fürst Karl August von Nassau-Weilburg die Kirche nicht nur als eigene Hofkirche, sondern auch als lutherische Stadtkirche errichten ließ. An den Gottesdiensten durften nicht nur der Fürst mit seinem Gefolge, sondern zeitgleich auch die Bürger teilnehmen. Die unterschiedlichen Stände wurden nach Vorbild des barocken Logentheaters verteilt. Die Fürstenloge befand sich erhöht über dem Hauptraum gegenüber der Kanzel und des Altars. So konnte der Fürst zwar den Priester sehen, aber nicht die Gemeinde im Hauptraum. Die anderweitigen Adeligen sowie die Hofbeamten fanden in den sich daneben befindenden Seitenlogen Platz. Die Bevölkerung setzte sich im ebenerdigen Hauptraum auf quer angeordneten Stuhlblöcken.

Der Sohn des Fürsten – Carl Christian – heiratete 1760 die Prinzessin Caroline aus dem Hause Oranien in den Niederlanden. Als diese 1770 an den Hof nach Kirchheimbolanden zog, erlangte das Schloss seine kulturelle Blüte. Durch ihr Interesse an Musik und Kultur engagierte sie gerne namhafte Musiker, darunter auch Wolfgang Amadeus Mozart. Dieser spielte bei seinem Besuch im Jahr 1778 auf der Kirchenorgel. Sie ist ein Instrument der berühmten Orgelbauerfamilie „Stumm“ aus dem Hunsrück.

Nur etwa 50 Jahre nach Errichtung der Kirche und des Schlosses belagerten die Franzosen die linksrheinische Pfalz (Französische Revolution 1789-1799). Die Fürstenfamilie floh und hinterließ ein Schloss, welches im Plünderungswinter von 1792/93 sowohl durch Franzosen als auch von der Einwohnerschaft stark zerstört wurde. Bemerkenswerterweise sind keine großen Zerstörungen an der lutherischen Kirche St. Paul überliefert. Auch die weiteren Kriege und Gefahren überlebte die Kirche weitestgehend unversehrt.

Das Objekt „Prot. Pfarrkirche (Paulskirche) Amtsstraße“ in Kirchheimbolanden ist ein eingetragenes Kulturdenkmal. 

Baubeschreibung

Die Kirche wurde zusammen mit dem Schloss und dem Schlossgarten als harmonische Einheit errichtet. Obwohl die Hofkirche in Zeiten des Absolutismus und der Stilepoche des Spätbarocks erbaut wurde, verkörpert sie das, was man sich normalerweise nicht unter einer Kirche oder gar unter einer Schlosskirche von außen vorstellt. Sie weist eine relativ unscheinbare Gestalt ohne reiche Verzierungen und äußeren Glanz auf. Der Kirchenbau gleicht eher einem Saalbau mit glatten Wänden, einer einfachen Tür, schnörkellosen Fenstern sowie einem „normalen“ Walmdach. Sehr auffallend ist, dass der für jede Kirche typische Kirchturm und somit auch das Glockengeläut fehlen. Wurde ein Geläut benötigt, bediente man sich an der nahe gelegenen Peterskirche.

Macht die Kirche von außen einen eher unscheinbaren Eindruck, ist sie im Inneren umso prunkvoller ausgestattet und erlangt eine beeindruckende Größe. Der Zentralbau mit den Grundmaßen von 17 mal 22 Metern und einer Höhe von 19 Metern wird durch einen Querbau geschnitten. In diesen seitlichen Anbauten befinden sich auf der einen Seite das Trias Orgel, Altar und Kanzel. Auf der anderen Längsseite liegen die Fürstenloge mit den benachbarten Seitenlogen.

Besonders erwähnenswert ist die Orgel vom berühmten Brüderpaar Stumm aus dem Jahr 1745. Sie ist eine der größten Werke der Stumm-Familie. Unter der Orgel stehen der Altar und die Kanzel, welche zusammen mit dem Instrument eine Einheit bilden. Sie sind entsprechend der damaligen Zeit des Absolutismus sehr prunkvoll, im Stile des Barocks, verziert. Kanzel und Altar ragen in den Hauptraum des Kirchenbaus weit hinein, wodurch wie in traditionellen Kirchen kein typisches „Gegenüber“ zwischen Geistlichem und Gemeinde entsteht. Unter dem Altar befindet sich die Fürstengruft, die Fürst Karl August einrichten ließ. Es sind insgesamt neun Personen der Fürstenfamilie an dieser Stelle beigesetzt.

An der Kanzel ist eine Sanduhr angebracht. Diese war laut der nassauischen Kirchenordnung aus dem Jahr 1749 Pflicht und sollte den Pfarrer auf seine verbleibende Predigtzeit hinweisen. Ein Überschreiten der Dauer von 45 Minuten wurde mit einem Einzahlen von zwei Gulden in die Kirchenkasse bestraft. Des Weiteren hielt die Sanduhr eine mahnende Bedeutung inne, die für die Zeit des Barocks sehr typisch war. Es wurde symbolisch auf die endliche Lebenszeit hingewiesen.

Das Deckengewölbe war bis ins 20. Jahrhundert nie vollendet worden. Erst zwischen 1964 und 1966 gestaltete der Restaurator Otto Frankfurter eine Kirchendecke, für die er sich an der Decke der Schlosskirche von Weilburg orientierte. Im Scheitel des Gewölbes ist eine Taube zu sehen, die den Heiligen Geist symbolisiert. Das Deckengewölbe dient als Himmelszone, die religiöse Erleuchtung und Heil ausstrahlt.

Räumliche Lage und Erreichbarkeit

Die protestantische Hof- und Stadtkirche St. Paul liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Barockschloss im Ortskern von Kirchheimbolanden. Kirchheimbolanden befindet sich westlich der Autobahn 63, welche Kaiserslautern mit Mainz verbindet und ist somit ideal mit dem PKW erreichbar. Parkplätze sind ausreichend vorhanden. Der Bahnhof liegt ebenfalls in fußläufiger Erreichbarkeit.

Literaturverzeichnis

  • Donnersberg-Touristik-Verband e.V. (Hrsg.) (2015). Kirche, Burg- und Klosterruinen im Donnersbergkreis. Kirchheimbolanden.
  • Krienke, Dieter (1998). Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz – Donnersbergkreis. Band 15. Hrsg. Im Auftrag des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen vom Landesamt für Denkmalpflege. Worms.
  • Heinel, Jürgen (1995). Die Seniorenresidenz Schloß Kirchheimbolanden und ihre fürstliche Herkunft. Otterbach.
  • Reitzig, Martin (1989). Die prot. Kirchen in Kirchheimbolanden. Kunstführer Nr. 1767. 1. Aufl. o.O.

Quellenangaben

    Artikel-Historie

    Koordinaten:

    49° 40“ 0′ N, 8° 0“ 36′ O

    Datierung:
    1738 bis heute

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