Geschichte
Zur Zeit des Landgrafen Ludwig IX. lebten ca. 9000 Menschen in der Stadt Pirmasens. Der Landgraf hatte ein großes Interesse am Militär entwickelt, weswegen er 1741 mit einer Kompanie Grenadiere nach Pirmasens kam, um daraus seine Residenzstadt zu machen. 1763 erhielt die Stadt ihre Stadtrechte und der Exerzierplatz wurde angelegt. Die Soldaten sollten diesen nutzen als Übungsplatz und zum Exerzieren der sogenannten Kriegskunst, bei der streng geschlossene und geometrische Formationen geübt wurden. Das Exerzieren soll eine große Leidenschaft vom Landgrafen gewesen sein. Daher wurde neben dem Exerzierplatz am heutigen Rathaus, auf Wunsch des Grafen ein zu der Zeit gigantisches Gebäude errichtet, das als Übungshalle für die Truppen diente. So konnten die Soldaten auch bei schlechtem Wetter ihre Routinen ausführen. Die Halle wurde direkt neben dem Schloss errichtet, dort, wo heute die katholische Kirche St. Pirminius steht. So hatte es der Graf nicht weit zu seiner Halle.
Architekt des Gebäudes war Johann Martin Schuknecht (1724-1790), der zum Direktor des herrschaftlichen Bau- und Kasernenwesens ernannt worden war. Die Halle wurde von Zeitgenossen als „Wunderwerk“ gelobt, nicht zuletzt, weil es die zweitgrößte Halle dieser Art in ganz Europa war. Lediglich der russische Zar besaß eine größere Halle in St. Petersburg. Der Bau wurde mit 16 gusseisernen Öfen geheizt, damit es auch in der kalten Jahreszeit warm genug war für das Exerzieren. Vermutlich sollen die Öfen allerdings sogar an kühlen Sommertagen gelaufen sein, da der Graf unter Gicht litt.
Unter dem Dach wurde 20 Jahre lang exerziert, bis der Landgraf starb und die Halle anderweitig genutzt wurde. 1793 sollen hier unter anderem französische Truppen nach einer der Schlachten rund um Pirmasens interniert gewesen sein. Schließlich war die Halle 1809 in einem so mangelhaften Zustand und einsturzgefährdet, dass Napoleon, der zu der Zeit über das Pirmasenser Gebiet herrschte, das Gebäude den Katholiken von Pirmasens überließ. Diese brachen die Halle ab und nutzten die Steine für den Bau ihrer Kirche, der heutigen St. Pirminiuskirche. Noch von der Exerzierhalle erhalten ist einer der 16 gusseisernen Öfen. Die Öfen wurden beim Abriss des Gebäudes versteigert und einer davon gelangte in den Besitz eines Dahners, von welchem lediglich der Name O. Klan überliefert ist. Der Ofen steht seit Jahrzehnten in der Dahner Kreisgalerie. Er sei nach dem Tod des Besitzers in eine Erbengemeinschaft gewandert sein, die ihn der Kreisverwaltung als Dauerleihgabe überließ, sofern dieser immer in der Kreisgalerie einen Platz habe. Aus diesem Grund steht der Ofen nicht im Heimatmuseum von Pirmasens.
Objektbeschreibung
Die Halle sprengte den Rahmen des für die Zeit Üblichen. Sie soll 36 Meter lang und 21 Meter breit gewesen sein. Das Dach war freitagend, da mit im Inneren keine Säulen vorhanden waren, die den Soldaten hätten im weg stehen können. Der Architekt konstruierte das Gebäude mit einem Dachstuhl als Hängewerk. Die Konstruktion soll an einem einzigen Holzzapfen gehangen haben. Zimmermänner und Maurer aus Fehrbach und Rodalben errichteten das Bauwerk. Die Fassade war schlicht symmetrisch und durch große Rundbogenfenster gegliedert. Als Portal diente eine Vorhalle und zwei Schilderhäuschen waren vorhanden zur Bewachung. Einige Zeit nach dem Bau kamen zwei mit Löwenfiguren geschmückte Brunnen dazu. Als Boden nutzte man gestampften Lehm. Innerhalb sollte es Platz für 1500 Grenadiere gegeben haben, was jedoch eher eine Übertreibung ist angesichts der Größe Grundrissfläche des Gebäudes.
Bezüglich der Baukosten sind verschiedene Zahlen überliefert. Die Spanne reicht von 55.000 Gulden bis 140.000 Gulden, wobei sich der heutige Wert auf einige Millionen belaufen würde. Jedoch war das Bauen zu dieser Zeit günstiger als heute, da regionale Materialien von örtlichen Handwerkern verarbeitet wurden. Hinzu kommt, dass viel recycelt wurde. Während einer Übung in der Exerzierhalle soll nach Überlieferungen eine „verqualmte“ Atmosphäre geherrscht haben. Es entstand ein Cocktail aus mehreren unangenehmen Gerüchen, Tabakrauchen und den Dämpfen der 16 Öfen.
Auf dem noch übrig gebliebenen Ofen in der Dahner Kreisgalerie sind zahlreiche flammende Granaten abgebildet, die Landgraf Ludwig IX. als Wappen wählte. Auf dem Ofen ist ebenfalls eine brennende Granate modelliert. Auf der Vorderseite findet sich eine Inschrift mit den Initialen „L IX.“ und die Jahreszahl 1770. Die Öfen wurden somit also offensichtlich ein Jahr vor der Einweihung der Halle gegossen.
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Die Exerzierhalle von damals ist so in ihrem Zustand nicht mehr aufzufinden. Dort, wo sie einst stand, befindet sich heute die katholische Kirche St. Pirminius von Pirmasens, bei deren Bau Überreste der Halle verwendet wurden. Der einzig übrig gebliebene der 16 Öfen kann heute in der Kreisgalerie in Dahn betrachtet werden.