Wasserburg in Reipoltskirchen

Die ehemalige Wasserburg zählt zu den am besten erhaltenen Tiefburgen der Pfalz. Die Anlage wird vom Odenbach in einer weiten Biegung umrundet. Der Burggraben im Westen ist trockengelegt. In der frei zugänglichen Tiefburg am nördlichen Ortsrand von Reipoltskirchen befindet sich heute ein Restaurant, ein Standesamt und eine kulturelle Einrichtung des Kreises Kusel.

Geschichte

Zu den Anfängen der Wasserburg in Reipoltskirchen ist fast nichts bekannt. Man weiß bis heute nicht, von wem und wann diese Burg erbaut wurde. Erstmals wird im Jahr 1190 der Adelige Mettfried von Reipoltskirchen erwähnt, der aufgrund seines Namens auch auf die Existenz der Burg hinweist.

Erst ab Mitte des 13. Jahrhunderts werden die Nachrichten um die Burg konkreter. Zum damaligen Zeitpunkt war diese im Besitz von Philipp I. von Hohenfels. Die Hohenfelser waren eine Seitenlinie der Herren von Bolanden und hatten ihren Hauptsitz auf der Burg Hohenfels.

Als im 14. Jahrhundert die Burg Hohenfels zerstört wurde, fanden die Herrn von Hohenfels Unterschlupf bei ihren Vettern in der Burg Reipoltskirchen. Reipoltskirchen war von nun an der Hauptsitz der Familie. Nach dem Tod des letzten Hohenfelsers im Jahr 1386 nahm der Herr von Reipoltskirchen das Hohenfelsener Wappenbild, ein eingestürzter Anker, zusätzlich in sein Wappen auf. Es wird erkennbar, wie eng sich die Familienmitglieder standen.

Während der langen Zeit ihres Bestehens hatte man die Wasserburg in Reipoltskirchen vorwiegend als Wohn- und Verwaltungssitz und weniger als Wehranlage genutzt. In den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts wurde die Burg allerdings von Johann und Wolfgang von Hohenfels-Reipoltskirchen feuerwaffentauglich ausgebaut. Vielleicht war auch dies der Grund, weshalb die Burg im Bauernkrieg 1525 nicht angegriffen wurde und sie somit die Ereignisse unbeschadet überstand.

Anfang des 17. Jahrhunderts verstarb der letzte erbenlose Adelige der Familie von Hohenfels, Johann III. Nachdem auch seine Frau wenige Jahre später verstarb, ging die Anlage in die Hände ihrer Neffen über: der Graf Johann-Casimir und der schwedische Graf Löwenhaupt-Rasburg. Damit war die Burg zwar noch in Familienhand, aber grundsätzlich nun aufgeteilt.

Den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) und ebenso den pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) überlebte die Burg unbeschadet.

Bis zum Jahr 1722 war die Burg durchgängig in Familienhand geblieben. Erst zum damaligen Zeitpunkt verkauften die damaligen Besitzer ihre Anteile an den Freiherrn Franz Wilhelm Kaspar von Hillesheim und die Burg gelang somit erstmals in „fremde“ Hände.

Am 03. März 1793 besetzten die französischen Truppen Reipoltskirchen (Französische Revolution 1789-1799). Dies war der Beginn des Untergangs der Burg und Adelsherrschaft. 1797 wurde das Anwesen beschlagnahmt und die Franzosen ließen es zu Beginn des 19. Jahrhunderts an Private versteigern.

Die Käufer brachen teilweise Gebäude ab, nutzten sie als Steinbruch und bauten die mehr oder weniger gut erhaltenen Gebäude für Wohn- und Wirtschaftszwecke um. Der dorfseitige Burggraben wurde entwässert und bis Ende des vergangenen Jahrhunderts als Obst- und Gemüsegarten genutzt. Heute ist der Vorburgbereich in weiten Teilen modern überbaut.

1988 erwarb der Kreis Kusel den größten Teil der Kernanlage. Heute befinden sich in den Gebäuden ein Restaurant, ein Standesamt und eine Malschule.

Baubeschreibung

Die Burganlage wurde auf einem in der Talaue flachen Felssporn errichtet. Die Bergzunge musste für den Bau noch künstlich durch Aufschüttung vergrößert werden. Umschlossen wird die Burganlage vom bogenförmig verlaufenden Odenbach, der die Nord-, Ost- und Südseite schützte. An der Südseite kann der Graben über die Steinbrücke überquert werden. Diese verband die Vorburg, die heute in weiten Teilen modern überbaut ist, mit der Kernburg. Die Westseite der Kernburg wurde durch einen künstlich angelegten Graben geschützt.

Hinter diesem Westgraben steht die langgestreckte Mauer, welche mehrfach umgestaltet und erneuert wurde. Man kann in ihr noch die zwei großen Brillenscharten sehen. Außerdem zeigt die Mauer Ansatzstellen eines abgebrochenen Bauteils. An der Mauer stehen der quadratische Wehrturm und die im 19. Jahrhundert aufgesetzten Gebäude, in denen sich heute das Restaurant befindet.

Der prägende Bergfried (Wehrturm) ist noch aus mittelalterlichen Zeiten erhalten. Das oberste Geschoss des rund 17 Meter hohen Turmes wurde vermutlich erst im 15. Jahrhundert aufgesetzt. Die unteren Geschosse stammen wohl aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Erkennbar ist dies an den unterschiedlichen Mauertechniken. Oben wird der Turm durch einen Rundbogenfries mit spätgotischem Blendmaßwerk abgeschlossen. Heute ist der ursprüngliche Hocheingang mittels einer Stahltreppe statt einer Leiter zu erreichen. Ursprünglich gab es im Erdgeschoss keinen Zugang zum Turm, heute kann man ihn auch ebenerdig über das Restaurant erreichen. Vom Turm, der auch heute noch bestiegen werden kann, hat man einen tollen Ausblick in die Umgebung.

Die Brücke in ihrer heutigen Form stammt nicht aus mittelalterlichen Zeiten. Bevor diese im 18. Jahrhundert errichtet wurde, stand hier eine von den Pfeilern gestützt teilbewegliche Holzkonstruktion.

Im Burghof steht ein hoch aufgemauerter Ziehbrunnen. Im Norden und Osten des Hofs befinden sich zwei Neubauten, in denen die Küche des Restaurants und eine Malschule untergebracht sind. Im Südosten unweit der Brücke befindet sich heute ein Privathaus. Bevor dieses in jüngster Zeit errichtet wurde, stand hier einst eine Zehntscheune, die 1884 abgerissen wurde.

Räumliche Lage und Erreichbarkeit

Die freizugängliche Tiefburg liegt am nördlichen Ortsrand von Reipoltskirchen im Landkreis Kusel. Sie ist mit dem Auto zu erreichen. Auch über den Odenbach-Radweg ist die Burg zu erreichen, von Norden (ab Odenbach) her sogar barrierefrei.

Heute befinden sich in den Gebäuden ein Restaurant, eine Malschule und ein Standesamt.
z. T. barrierefrei zugänglich gemäß Reisen f. Alle. Mehr dazu im tourenplaner-rheinland-pfalz.de.

Mehr Informationen über die Wasserburg finden Sie unter kuladig.de

(nach Jürgen Keddigkeit, Bezirksverband Pfalz, 2019)

Literaturverzeichnis

  • Dick, Ernst (1964). Reipoltskirchen unter geteilter Herrschaft. In: Westrich-Kalender 8, S. 41-43, o.O.
  • Dick, Ernst (1963). Wie die Hohenfelser nach nach Reipoltskirchen kamen. In: Westrich-Kalender 7, S. 89-92, o.O.
  • Dolch, Martin; Kühn, Hans-Joachim; Ulrich, Stefan; Wendt, Achim (2007). Reipoltskirchen. In: Pfälzisches Burgenlexikon Band 4.1, S. 227-240, Kaiserslautern.
  • Fabricius, Wilhelm (1914). Die Herrschaften des unteren Nahegebietes. Der Nahegau und seine Umgebung. In: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, S. 103-107, Bonn.
  • Frey, Johann Michael (1837). Versuch einer geographisch-historisch-statistischen Beschreibung des königlich bayerischen Rheinkreises. Teil 3. S. 463-471, Speyer.
  • Gärtner, Peter (1855). Geschichte der bayerisch-rheinpfälzischen Schlösser und der dieselben ehemals besitzenden Geschlechter nebst den sich daran knüpfenden romantischen Sagen. Band 2. S. 12-20, Speyer.
  • Gemeinde Gemeinde Reipoltskirchen (Hrsg.) (1998). 800 Jahre Reipoltskirchen 1198-1998. S. 57-60, Reipoltskirchen.
  • Generaldirektion Kulturelles Erbe (Hrsg.) (2017). Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler - Kreis Kusel (Denkmalverzeichnis vom 11. August 2017). S. 27, o.O.
  • Keiper, Johann (1927). Reichsherrschaft Hohenfels-Reipoltskirchen. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 46, S. 47-119, o.O.
  • Korb, Dieter (1997). Wasserburg Reipoltskirchen. In: Westrich-Kalender 41, S. 236f, o.O.
  • Lehmann, Johann G. (1865). Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser in den ehemaligen Gauen, Grafschaften und Herrschaften der bayerischen Pfalz.. Ein Beitrag zur gründlichen Vaterlands-Kunde. Band 4. S. 181-185 u. S. 197-205, Kaiserslautern.
  • Pfälzische Kreisgesellschaft des bayerischen Architecten- und Ingenieur-Vereins (1884). Die Baudenkmale in der Pfalz. Band 1. S. 74-78, Ludwigshafen am Rhein.
  • Porsche, Monika (2002). Archäologische Sondage in der Tiefburg Reipoltskirchen Kreis Kusel. In: Archäologie in der Pfalz. Jahresbericht 3, S. 160-162, o.O.
  • Raschke, Werner (1984). Burg Reipoltskirchen. In: Burgen Schlösser, Klöster Nordpfalz, S. 38, o.O.
  • Schüler-Beigang, Christian (1999). Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Kreis Kusel. (Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 16.) S. 272-275, Worms.
  • Theobald, Wilhelm (1985). Die Versteigerung des Reipoltskircher Schlosses. In: Westrich-Kalender 29, S. 98-100, o.O.
  • Zenglein, Dieter (2009). Reipoltskirchen - Burg und Herrschaft. Kusel.
  • o.A. (1828). Die Herrschaft Reipoltskirchen. In: Intelligenz = Blatt des Königlich Bayerischen Rheinkreises 11, S. 93-97, o.O.

Quellenangaben

Artikel-Historie

Lage:
Koordinaten:

49° 38“ 7′ N, 7° 39“ 48′ O

Baustil:

Unbekannt

Datierung:
Ende des 12. Jahrhunderts

Kategorie:

Schlagworte:

Weiterführende Links:

Für dieses Objekt fehlen noch einige Angaben

Kommentare

Schreibe einen Kommentar zu „Wasserburg in Reipoltskirchen“

oder einloggen mit

Fotos aus der Instagram-Community

Die folgenden Fotos sind keine Inhalte des WestpfalzWikis. Die Bilder werden dynamisch aus Instagram geladen und gehören den jeweiligen Instagram-Nutzern. Folgende Instagram-Hashtags werden automatisch eingebettet:

Ähnliche Objekte

Wasserburg in Reipoltskirchen per E-Mail empfehlen

Wasserburg in Reipoltskirchen entfernen

Teile diesen Artikel mit Freunden und Bekannten!